Zum Geburtstag bekam ich ein besonderes Geschenk, das mich seitdem durch dieses herausfordernde Jahr 2020 begleitet: „Der tägliche Stoiker“. Jeden Morgen erwartet mich dieses Buch auf meinem Küchentisch zur Frühstückslektüre und bringt mich zum Nachdenken.
Die Autoren Ryan Holiday und Stephen Hanselman packen die Philosophie des Stoizismus in 366 Betrachtungen über Weisheit, Beharrlichkeit und Lebensstil. Der November ist dem Thema Akzeptanz/“Amor fati“ (Liebe zum Schicksal) gewidmet. Wie passend in der Zeit der „zweiten Welle“ und eines neuerlichen „Lockdowns“, die wieder mit vielen Einschränkungen unseres gewohnten Lebens verbunden ist.
Sich dagegen aufzubäumen und zu klagen wie schrecklich diese Zeiten sind, ist eine verständliche Reaktion, nur wie viel bringt uns das auf Dauer? Ist es nicht viel „energieeffizienter“ sich nicht dagegen aufzubäumen, sondern zu akzeptieren, was gerade ist? Mit kritischem Geist zwar, aber nicht dagegen anzukämpfen und zu hadern, mit dem was ist?
Im Klagen zu verharren und in pessimistischen Gedanken an die Zukunft zu erstarren, ist meiner Ansicht jedenfalls keine gute Wahl. Wir haben auch in Situationen, die wir momentan nicht ändern können, weil es nicht in unserer Macht steht, immer noch die Wahl zu entscheiden, wie wir mit dieser Situation umgehen und wie wir sie bewusst mit unserer Art zu leben füllen.
„Amor fati“, die Liebe zum Schicksal, ist ein von Friedrich Nietzsche geprägter Begriff. Nietzsche geht in seinem Konzept noch weiter als die Stoiker. Er fordert uns auf, nicht bloß zu akzeptieren, was ist, sondern alles was geschieht, zu lieben. Nietzsche möchte damit für uns den Zustand größtmöglicher Lebensbejahung greifbar machen. Diese Sichtweise ist zum einen fatalistisch, zum anderen bietet sie uns eine Bewältigungsmöglichkeit, denn auch in schwierigen Situationen gibt es Dinge, die wir lieben können.
Wenn die äußere Welt wie jetzt durch Einschränkungen weniger (Spiel)raum bereit hält, besteht die Möglichkeit, dass wir uns mehr der inneren Welt zu wenden, uns mehr reflektieren, was sind unsere Ziele, was ist wirklich wesentlich in unserem Leben, was wollen wir ändern, womit wollen wir mehr in Resonanz gehen? Wie können wir Beziehungen zu anderen gestalten, achtsamer, liebevoller, indem wir auch auf Menschen offen zu gehen und zum Beispiel unsere Nachbarn fragen, wie es ihnen geht in dieser speziellen Situation?
Wir sind mehr auf uns zurück geworfen, die Ablenkungen im Außen werden weniger, natürlich können wir uns auch weiterhin vermehrt ablenken etwa durch exzessiven Konsum von (sozialen) Medien, aber auch hier haben wir die Wahl. Werden wir uns dessen bewusst.
Es gibt in dieser Zeit Menschen, die sehr hart von den Maßnahmen getroffen wurden, die um ihre wirtschaftliche Existenz bangen oder sie verloren haben, sie neu aufbauen müssen. Aber auch in solch schlimmen Situationen hilft ein ressourcenorientierter Blick Lösungen zu finden, einen neuen Weg einzuschlagen. Auch das Klagen und mutlos sein soll seinen Raum haben dürfen, wichtig ist, wenn möglich, nicht darin zu verharren.
Nach dem Terroranschlag in der Wiener City am 2. November war ich mir unsicher, ob mein geplanter Blogartikel zu „Amor fati“ noch passend ist, weil der Anschlag Schock, Angst und noch mehr Verunsicherung in unserem gewohnten Leben verursacht hat. Aber selbst hier entdecke ich Dinge, die ich lieben kann, den Zusammenhalt, die Zivilcourage von Einsatzkräften und zivilen Helfern und die Tatsache, dass ich nach wie vor in einer der sichersten Regionen der Welt lebe. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Überlege was deine „Amor fati“ in diesen herausfordernden Zeiten sein kann und schreib mir auch, wenn du magst. Falls du Unterstützung in deiner Situation willst, kontaktiere mich gerne für ein kostenloses Erstgespräch.